Lieber Herr Rütter und liebes Team von Mina-TV,

Vielen Dank für Ihr Engagement für die Hunde und allgemein für den Tierschutz. Ich habe alle Folgen Ihres Podcasts gehört und sehe Ihre Sendungen sehr gerne. Ich finde es großartig, dass Sie tierschutzwidrige Trainingsmethoden und Trainer klar als solche Benennen. Sie haben sich dafür ausgesprochen, dass Cesar Millan in Deutschland keine Plattform bekommen sollte, seine Trainingsmethoden zu verbreiten. Sie lehnen Leinenruck, Stachelhalsband und das Training mit Elektroschocks ab. Großartig!

Die Hundewelt ist Dank Ihnen ein gutes Stück gewaltfreier und besser geworden, ein ganz großes DANKE!!

Ich bin Pferdetrainerin und auch ich bin im Rahmen meiner Möglichkeiten tagtäglich aufklärend unterwegs und versuche die Welt der Pferde gewaltfreier und besser zu machen. Ich habe Bücher, Selbstlernkurse und für viele Zeitungen geschrieben und unterrichte seit vielen Jahren Praxiskurse. Ich habe schon mit vielen so genannten „Problempferden“ gearbeitet und für den Pferdeblog „Wege zum Pferd“ hunderte Blogbeiträge geschrieben. Immer geht es mir darum, gewaltfreie Alternativen zu dem leider oftmals immer noch so traurigen, auf Druck basierenden Umgang mit Pferden aufzuzeigen. 

Pferde sind sehr sensible Tiere und viel zu oft ist das Training nur darauf ausgelegt, sie zum Funktionieren zu bringen. Was das mit ihren Seelen anstellt, wird viel zu oft nicht gesehen. 

Wir haben unserem Blog den Untertitel: „Es geht auch anders“ gegeben und ich freue mich über viele Rückmeldungen meiner Schüler*innen, die heute eine auf wirklichen Vertrauen und Miteinander aufbauende Beziehung mit ihren Pferden blicken. 

Warum ich Ihnen nun schreibe?

Sie sind Gründer der Medienagentur „Mina-TV“, die die Sendung „Die Pferdeprofis“ produziert und in der ersten Folge der neuen Staffel hat der Trainer Uwe Weinzierl demonstriert, wie er eine Stute „Verladefromm“ macht. Dieser Trainer ist in der Pferdewelt das Pendant zu Cesar Millan! Er wendet massiven Druck auf mit dem showreifen Ergebnis, dass ach so schwierige Pferd in den fahrenden Anhänger zu reiten. Er arbeitet mit kraftvollem „Leinenruck“ am Knotenhalfter (dieses Halfter funktioniert so wunderbar, weil die Knoten auf den sensiblen Nervenaustrittpunkten liegen und so bei diesem Ruckanwendungen massive Schmerzen auslösen). Das Pferd geht letztendlich in den Anhänger, weil Weinzierl so viel Druck macht, dass der Anhänger für das Pferd das kleinere Übel ist. Damit hat Weinzierl natürlich „gewonnen“ und sein Zielbild erreicht. Dabei aber von Vertrauen und Respekt zu reden, ist einfach nur zynisch. 

Frage: Wenn das Pferd am Ende doch so viel Vertrauen hat, dass es ach so spektakulär in den fahrenden Anhänger geritten werden kann (was für ein Schwachsinn, Entschuldigung!), warum müssen Weinzierl Helfer denn Stick-schwingend hinter dem Pferd herlaufen?

Stellen Sie sich vor, ein Hundetrainer würde einen Hund so trainieren, seine Box aufzusuchen: Mit Schlägen und Leinenruck. Wäre das ein Training in Ihrem Sinne? Doch sicherlich nicht. Warum ist es dann bei Pferden ok? Und auch hier: es geht auch anders. Darüber spreche ich hier mit Claudia Wobornik, sie hat ein Transportunternehmen für Pferde in Österreich, ist also wirklich ein Verladeprofi. Die Serie geht über 7 Teile, Sie sehen, ich bin im Thema 🙂

Ist Ihnen bekannt, dass Weinzierl unter anderem echt üblen Sachen z.B. empfiehlt, Pferde nass zu machen, eine Stromlitze um den Körper zu wickeln, um ihnen Respekt vor einem Weidezaun zu lehren?

Herr Weinzierl kommt aus einem Bereich des Horsemanships, wo viele weitere sehr brutale Methoden angewendet werden. Üblich ist auch das sogenannte „aussacken“, eine Methode, die Pferde in die erlernte Hilflosigkeit bringt. 

Dass diesem „Trainer“ nun mittels Ihrer Agentur eine Plattform gestellt wird, macht mich zutiefst traurig, wütend und hilflos. Wo ich die Hoffnung hatte, dass die Pferdewelt langsam etwas pferdefreundlicher wird, schmeißt diese Sendung alles wieder Lichtjahre zurück. Diese Sendung hat eine so große Reichweite, es könnte so viel Gutes bewirkt werden. Stattdessen wird nur auf spektakulär und Quote gesetzt, dass Pferd und seine Not wird nicht gesehen.

Neben den für mein Empfinden absolut tierschutzwidrigen Training, ist das Gezeigte in meinen Augen auch hoch fahrlässig. Ich mag mir nicht ausdenken, was für Unfälle passieren, wenn nun die Pferdemenschen dieser Welt nachmachen, was sie im Fernsehen gezeigt bekommen haben. Das fängt an bei der Technik, wie Weinzierl den Strick um seine Hand wickelt (dass man das auf keinen Fall tun sollte, wird jeder vernünftige Trainer seinen Schüler*innen in der ersten Stunde beibringen) und eben das Verladen in einen fahrenden Anhänger. Ich mag mir wirklich nicht vorstellen, wie viele gebrochene Hände und Pferdebeine durch diesen Mist produziert werden. Warum muss so etwas gezeigt werden? Ja klar, die Quote? Aber ich denke, es geht Ihnen um Tierschutz?

Ich weiß, Sie haben oft genug gesagt, dass Sie sich nicht mit Pferden auskennen. Daher biete ich Ihnen an dieser Stelle gerne an, mich der Produktion ehrenamtlich beratend zur Seite zu stellen. Ich kenne hervorragende, sehr qualifizierte Trainer*innen, die echtes Fachwissen mitbringen + Gefühl und denen das physische und psychische Wohl des Pferdes am Herzen liegt. Damit könnte diese Sendung einen echten Beitrag zum Tierschutz leisten.

Gerne gebe ich Ihnen auch vor der Ausstrahlung der Sendung meine Expertise, ob das, was gezeigt wird, pro Pferd ist oder eben so schlecht und tierschutzwidrig, wie das Training von Weinzierl. 

Und nein, ich persönlich habe keinerlei Interesse vor der Kamera zu agieren und muss auch nirgends namentlich erwähnt werden … 😉

Ich würde mich sehr über eine Antwort freuen!

Mit vielen Grüßen,

Babette Teschen

Update 03.03.24

Bis heute wartet man vergeblich auf die Ausstrahlung der aufgezeichneten Diskussionsrunde. Eine Begründung, warum diese nicht wie angekündigt auf YouTube veröffentlich wurde, habe ich nirgends gefunden…

 

Update 28.04.23

Am 27.04.23 fand die angekündigte Diskussionsrunde, modereriert vom Hundeprofi, statt. In diesem Beitrag von Claudia Sanders kannst du lesen, wie diese abgelaufen ist.

 

Update 29.03.23

Veröffentlichung meiner Reaktion auf die Aussagen im Podcast und Klarstellung.

 

Update 23.03.23

Der Hundetrainer entwickelt in seinem Podcast „Tierisch menschlich“ Folge 106 ab min. 47:00  eine sehr gute Idee: Die Verpflichtung einzuführen, das Reiten zunächst auf einem Reitsimulator zu lernen. Auch hier zeigt sich wieder, dass er und „die Olle mit den Longierkursen“ 😊 eigentlich sehr ähnliche Ziele verfolgen, denn in diesem Beitrag der Zeitschrift Cavallo vom 22.05.22, ist genau das meine Anregung.

 

„Uns auf diese wundervollen Lebewesen zu setzen, ist ein Privileg. Es sollte Vorausetzungen dafür geben“

Aus meiner Sicht wäre es ein riesengroßer Schritt in Richtung mehr Tierschutz im Reitsport, wenn jeder Reitschüler erstmal auf dem Simulator trockenüben müsste. Leider fügen wir Reiter Pferden noch viel zu oft Schaden oder Schmerzen zu – einerseits bewusst, andererseits aber auch unbewusst. Es gibt nun mal niemanden, der von Anfang an richtig sitzen kann und nicht am Zügel zieht. Kinder plumpsen dabei genauso in den Rücken wie Erwachsene. Die Folge ist, dass Pferde unter Anfängern in einer schlechten Laufmanier gehen. Das ist für sie unangenehm, mitunter schmerzhaft und auf Dauer verschleißend.

Daher ist meine Meinung: Wir sollten es uns wirklich verdienen, reiten zu dürfen. Wir müssen das Bewusstsein schaffen, dass es ein großes Privileg ist, sich auf diese wundervollen Lebewesen setzen zu dürfen. Deshalb sollte es dafür Voraussetzungen geben. Mein Traum wäre ein System, in dem jeder, ähnlich wie beim Auto-Führerschein, erstmal Theoriestunden und Einheiten auf dem Reitsimulator meistern müsste. Nach einer Prüfung auf dem Simulator ginge es dann aufs Pferd. Das hieße, dass jeder Reitanfänger bereits Leichttraben und sicher im Entlastungssitz balancieren könnte, bevor er sich einem fühlenden Pferd zumutet.

Dass er in allen Gangarten zügelunabhängig sitzen könnte. Ich würde hinter einer solchen Pflicht zum Üben auf dem Simulator zu 100 Prozent stehen. Natürlich müssten dann in genügend Ställen flächendeckend Simulatoren vorhanden sein. Doch finanzierbar wäre das aus meiner Sicht genauso wie normale Reitstunden.

Nicht nur die Pferde, auch die Schüler könnten profitieren. Sie könnten in stressfreier Atmosphäre lernen, ohne Angst vor Unvorhersehbarem. So wären Bewegungsmuster in aller Ruhe zu verinnerlichen. Und der Reitlehrer könnte mit mehr Ruhe erklären.

Update 20.03.23

Das Online Magazin Country-Reiten.de veröffentlicht einen Beitrag 

Update 17.03.

Podcast „Tierisch menschlich“ Folge 105 mit Reaktion auf meinen offenen Brief ab min. 24:43

Meine Antwort, gesendet am 17.03. um 19:16:

 

Lieber Herr Rütter,

wir stehen auf derselben Seite, auch wenn es gerade noch nicht so aussieht. Wir wollen beide das Beste für Tiere und ihre Besitzer*innen. Tiere sind unser Thema. Wir setzen uns für das Tierwohl ein und ich schätze Ihr Engagement schon sehr lange. Das meine ich ganz offen und ehrlich.

Ihre Stellungnahme, dass es immer noch Fälle gibt, bei denen auch hinter verschlossenen Türen den Pferden Leid zugefügt wird, teile ich. Die jetzt entstandene Diskussion kann daher einen wertvollen Beitrag leisten, die Welt der Pferde und ihrer Halter*innen zu verbessern. Auch wenn der Beginn des Austausches vielleicht nicht harmonisch begonnen hat, verfolgen wir das gleiche Ziel. Ich strebe, genauso wie Sie, einen Austausch ohne Angriff an. Das gemeinsame Ziel ist klar und Diskussionen sind wichtig, gerade wenn es um Brennpunkt-Themen geht. Meine Hoffnung ist, dass sich durch sachliches, konstruktives miteinander Sprechen Synergie freisetzen lässt, die dem Wesen Pferd zugutekommt. Ich stehe einem Austausch offen gegenüber. 

Ihre Babette Teschen

Klarstellung in eigener Sache:

In dem Podcast „Tierisch menschlich“ von Martin Rütter und Katharina Adick spricht Herr Rütter über die Trainerinnen, die offene Briefe geschrieben haben und erwähnt, dass eine der Briefeschreiberinnen sich in der Vergangenheit bei der Sendung „Die Pferdeprofis“ beworben hätte und abgelehnt wurde.

Bei dieser Trainerin handelt es sich nicht um mich, ich habe mich noch nie bei der Sendung beworben.

 

Meinen Beitrag zum Thema „Gewalt an Pferden“, kannst du hier lesen.

Update 17.03.

Artikel von Natalie Steinmann, Redakteurin der Cavallo „Schluss mit überholten Trainingsmethoden“

Update 14.03.23

Das Online Magazin Country-Reiten.de hat ein Interview mit mir geführt.

 

 

Update 10.03.23

Bei der Zeitung Cavallo erscheint ein Interview mit mir.

 

Update 03.03.23

Die FN bezieht hier Stellung.

 

Update 01.03.23

Anna Hochberg hat eine Petition ins Leben gerufen.

 

Update 28.02.23

Statement von Regina Rheinwald zu der Sendung „Die Pferdeprofis“.

 

Update 27.02.23

Statement von Sandra Schneider zu der Sendung „Die Pferdeprofis“.

 

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2 Kommentare
  1. Avatar

    Liebe Babette,
    ich bin schockiert und entsetzt über die Äußerungen des Hundetrainers, und vor allem über seine Schlussfolgerungen: es passiert ‚sowieso‘ in Ställen, also ist es Heuchlerei, wenn man es verurteilt. Ganz schlimm und beschämend, mir fehlen nur noch die Worte. Und wo letztlich die Argumente fehlten, setzte er Beleidungen ein – unfassbar.

    Bleiben Sie bitte wie Sie sind, ich beginne demnächst meinen Longenkurs und freue mich darauf. Liebe Grüße

    • Babette Teschen

      Liebe Kim, vielen Dank für deine unterstützenden Worte ! Viel Freude mit der Arbeit nach dem Longenkurs und liebe Grüße, Babette