Abkauübungen sind ein wirkungsvolles Mittel, um die Beweglichkeit des Pferdekörpers zu fördern und gleichzeitig das emotionale Wohlbefinden zu unterstützen. In diesem Beitrag erfährst du, wie die Übung funktioniert, warum sie so hilfreich ist und worauf du achten solltest.
Was bewirken Abkauübungen?
Beim Abkauen bewegt das Pferd sanft seinen Unterkiefer – meist begleitet von Lecken oder Kauen. Diese Bewegungen haben eine direkte Wirkung auf das Kiefergelenk, das Zungenbein sowie das gesamte Faszien- und craniosakrale System des Pferdes. Fast alle Faszienketten im Pferdekörper haben eine Verbindung zum Schädel – und damit auch zum Genick und Kiefer. Einschränkungen in der Bewegung können sich bis hierhin fortsetzen – und umgekehrt: eine Verbesserung im Kieferbereich kann positive Veränderungen im ganzen Körper auslösen.
Wann sind Abkauübungen hilfreich?
- Bei verspannter Rückenmuskulatur
- Bei verspannter Genickmuskulatur
- Bei einem rotierten Brustkorb
- Bei einem Beckenschiefstand
- Bei Problemen der Halswirbelsäule
- Bei Anzeichen von Trageerschöpfung
- Nach einer Zahnbehandlung
- Bei Anlehnungsproblemen
Positive Effekte der Abkauübungen:
- Mobilisierung des Kiefergelenks und des Zungenbeins
- Lösen von Spannungen im Genick, Hals und Schulterbereich
- Verbesserte Rückentätigkeit und Tragkraft der Hinterhand
- Bessere Beweglichkeit und Durchlässigkeit
- Unterstützung bei Schmerz, Verspannungen, Trageerschöpfung, Husten, Beckenschiefstand, Anlehnungsprobemen u.v.m.
Anatomischer Hintergrund
Das Kiefergelenk wird vom Unterkiefer und dem Schläfenbein gebildet. An der komplexen Gleit- und Rotationsbewegung beim Kauen sind viele Muskeln beteiligt – unter anderem Nackenmuskeln, Kaumuskulatur, Zungenbein- und Halsmuskulatur. Auch Dysbalancen im Schultergürtel können sich hier auswirken. Das Zungenbein steht ebenfalls in Verbindung mit dem Unterkiefer, dem Schulterblatt und dem Brustbein. Somit wirkt sich jede Spannung in diesem Bereich auf die gesamte Bewegungsdynamik des Pferdes aus.
Anleitung zur Durchführung
Vorbereitung
- Das Pferd trägt ein Halfter.
- Finde selbst Ruhe und Präsenz – deine Ausstrahlung überträgt sich auf das Pferd.
Durchführung
- Stelle dich ruhig neben dein Pferd.
- Halte das Halfter mit einer Hand oder halte dein Pferd mit der Hand auf der Nase (siehe Foto unten).
- Führe mit der anderen Hand sanft einen Finger seitlich ins Maul, unter die Zunge.
- Warte ab – das Pferd beginnt meist von selbst zu kauen oder zu lecken.
- Führe das Abkauen von beiden Seiten aus.
Steigerung
- Beginne im Stand mit geradem Hals, das Pferd bestimmt die Halsposition.
- Wenn das Pferd es zulässt, probiere das Abkauen später mit einer leichten Halsbiegung
- Dann im langsamen Schritt, auf gerader Linie und auf dem Zirkel.
Dauer und Häufigkeit
Wie Lange das Pferd abkauen sollte, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Es kann dauern, bis das Pferd die gewünschten großen Kaubewegung ausführt. Gerade bei starken Verspannungen kauen manche Pferde anfangs nur sehr wenig und nur mit kleinen Bewegungen. Bleibe hier geduldig dran. Höre auf dein Pferd. Wenn du das Gefühl hast, es reicht für heute, beende die Übung.
Führe die Abkauübung regelmäßig ein Mal pro Woche aus, bei Bedarf auch häufiger.
Wichtig: Pausen einbauen!
Während und nach der Übung braucht das Pferd Pausen zum Nachspüren. Oft lösen sich Spannungen nicht während der Bewegung, sondern erst in der Ruhephase danach. Diese Nachwirkungen können bis ins Becken spürbar sein.
Kontraindikationen
Bei folgenden Krankheitsbildern solltest du keine Abkauübungen durchführen oder zuvor unbedingt Rücksprache mit Tierärzt*innen oder Therapeut*innen halten:
- Sehr durchtrittigen Pferden
- Hypermobilen Pferden
- Entzündungen der Fesselträger
- Bei Pferden mit DSLD (Degenerative Suspensory Ligament Desmitis)
- Nackenbandansatzproblemen
- Arthrosen/Entzündungen in den Kiefergelenken (TMJ-Probleme)
- Arthrosen/Entzündungen im Genick/Atlasprobleme
- bei Pferden mit Shivering oder anderen neurologischen Problemen
Tipp für noch bessere Wirkung:
Kombiniere die Abkauübungen z. B. mit:
- Kiefermassage (Kaumuskel, Masseter) z.B. mit „Leopard-TTouch“ nach Linda Tellington Jones TTouch®
- Sanfte, kreisende Bewegungen am Zungenbein z.B. Zungenbein-TTouch nach Linda Tellington Jones TTouch®
- Lippen-TTouch/Maul-TTouch nach Linda Tellington Jones TTouch®
- Lösende Übungen am Boden mit gedehntem Hals
Fazit
Abkauübungen sind ein sanftes, aber tiefgreifendes Werkzeug zur Förderung von Losgelassenheit und Mobilität beim Pferd. Sie helfen dabei, Blockaden zu lösen, neue Bewegungsmuster zu etablieren und das Vertrauen zwischen Mensch und Pferd zu vertiefen.
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