Heute starte ich hier mit euch mit einer neuen Rubrik auf meiner Seite, wo ich Erlebnisse, Erfahrungen und Geschichten von dir, egal ob du professionelle* Pferdetrainer*in oder private*r Pferdehalter*in bist, veröffentlichen möchte.

In dieser Rubrik möchte ich deine/eure Geschichten veröffentlichen, in der du erzählst, wie du mit „Widersetzlichkeiten“ und Problemen auf positive Art umgegangen bist.

Hast du so eine Geschichte für uns? Dann schreibe sie mir bitte, gerne mit Fotos an: info@babette-teschen.de

Den Anfang macht heute der Beitrag von meiner langjähringen, lieben Freundin Petra Hamer. Petra kennst du vielleicht schon aus der Serie „Jungpferdeausbildung mit Nico“.

Petra hat viele Jahre die Arbeit nach dem Longenkurs unterrichtet, auch in Kursen. Dabei erlebte sie die folgende Geschichte.

Dominanz versus Positive Verstärkung

Es geht auch ohne Druck – in den meisten Fällen sogar besser!

Ein Gastbeitrag von Petra Hamer

Vor einigen Jahren habe ich noch regelmäßig Kurse gegeben. In den Kursen für Anfänger*innen ging es um die Grundlagen des Longierens nach dem Longenkurs von Babette Teschen. Die Fortgeschrittenenarbeit war Langzügelarbeit, Doppellonge, klassische Handarbeit und nicht zuletzt das Reiten.
Wenn ich zurückdenke, sind mir mehrere Pferde in besonderer Erinnerung geblieben.

 

Von dem Werdegang eines Pferdes möchte ich gerne berichten.

Es stellte sich eine junge Frau bei mir vor, die mir berichtete, dass sie Angst vor ihrem Pferd hat, weil dieses sie angreift. Er kommt auf zwei Beinen auf sie zu. Häufig ist das Maul des Pferdes weit geöffnet und sie vermutete, dass er sie beißen würde, wenn er nur an sie herankommt. Gesundheitlich war das Pferd durchgecheckt und er war körperlich in einem guten Zustand. Sie stellte sich vor, dass beim Longieren auf Abstand das Pferd sie ja nicht erreichen kann und dann wenigstens diese Art der Arbeit mit ihm möglich ist. Das Pferd wurde von der Stallbetreiberin und einer zweiten Person auf den Reitplatz gebracht. Die Besitzerin hatte große Angst, ihn zu führen. 

Das Pferd war ein großer, brauner, sehr selbstbewusster Andalusier. Ich fand ihn wunderschön, hatte allerdings auch erstmal großen Respekt, da ich ja nicht wusste, was da auf mich zukommt. Sehr beobachtend fingen wir an, ihn zu fragen, ob er vielleicht den Kopf etwas senken mag. Er ließ
sich sofort ein, bekam überschwängliches Lob und wurde gekrault.

Nach kurzen Pausen fragten wir nach Stellung. Magst Du ein paar Schritte gehen, kannst du dabei auch die Schulter anheben? Magst Du das innere Hinterbein mehr unter den Körperschwerpunkt setzen und kannst du mir alles vielleicht auch ganz kurz im Antraben zeigen? Sobald er sich einließ, wurde er gelobt und gekrault.

Die Sequenzen habe ich bewusst sehr kurz gehalten, da ich auf gar keinen Fall provozieren wollte, dass mein schöner Andalusier in den Stressbereich kommt oder sich irgendwie unwohl fühlt (im weitesten Sinne „Clickern” halt😊). Auf Wunsch der Besitzerin haben wir allerdings nicht mit Leckerchen gearbeitet.

Innerhalb recht kurzer Zeit spürte ich eine Verbindung zum Pferd und ich hatte nicht das Gefühl, dass er sich gegen meine Vorschläge auflehnen wird, solange wir in diesem positiven Gefühl der Arbeit bleiben. Es gab für ihn auch keinen Grund sich aufzulehnen, da er absolut nichts falsch machen konnte. Alle Antworten, die er gab, waren für mich super und in Ordnung und ich fragte dann weiter, bis wir eine schöne Sequenz erarbeitet hatten. Er wirkte auf mich sehr stolz nach dem verbalen Lob, der ehrlichen Freude und den Streicheleinheiten.

Die Besitzerin wollte dann ebenfalls die Dinge, die wir erarbeitet hatten, abfragen. Sie ging mit hochgezogenen Schultern und deutlich sichtbarer Angst auf das Pferd zu. Auf dem Reitplatz hatten wir Gassen gelegt, in denen das Pferd, welches seine Balance noch nicht gefunden hatte, kurz
antraben sollte. Sobald der hübsche Braune auf die Innengasse trat, wurde er mit starkem Gertengewedel und sehr viel Druck von der Besitzerin rausgeschickt. Sie war sich sicher, dass er angreift.

Wie die Probleme entstanden sind

Es ging dann in die Mittagspause und die Besitzerin erzählte mir ihre Geschichte:
Das Pferd war seit ca. zwei Jahren in ihrem Besitz. Er war von Anfang an sehr selbstbewusst, aber immer gut händelbar. Er konnte auf dem Platz und im Gelände, allein und mit anderen Pferden geritten werden, das Holen, Striegeln, Satteln war unproblematisch und der Umgang miteinander war sehr nett.

Nach einem Stallwechsel musste das Pferd erstmal neu in der Herde ankommen. Es lief nicht mehr alles so wie gewohnt, was auf die neue Umgebung zurückzuführen war. Dramatisch war aber nichts.
Im neuen Stall wurden Wochenendkurse angeboten. Die beiden nahmen an einem Bodenarbeitskurs teil, um neue Dinge zu lernen. Der Bodenarbeitskurs begann bei jedem Pferd mit einem Join up im
Round Pen (Anmerkung von Babette: beim “Join up” wird das Pferd im Round Pen „geschickt“, bis es sich dem Menschen anschließt. Ich sehe diese Methode kritisch, siehe auch meinen Beitrag „Gewalt an Pferden“).

Danach kamen Einheiten, in denen das Pferd dem angewandten Druck zu weichen hatte. Ging das Pferd nicht sofort zurück oder zur Seite, so wurde der Druck verstärkt. Der Trainer war sehr sicher in dem, was er tat, und das Pferd war (im Beisein des Trainers) auch bereit dem Druck zu weichen, als die Besitzerin ihn dazu aufforderte. Es gab dann auch noch eine Theorieeinheit, in der den Kursteilnehmer*innen erklärt wurde, dass man nie (!!) vor einem Pferd weichen darf, sondern immer den Druck steigern muss, bis das Pferd geht. Die Rangordnung sollte damit geklärt werden. 

Nach dem Kurswochenende wollte die Besitzerin die erlernten Dinge abfragen, aber das Pferd war nicht ohne Weiteres bereit zu weichen. Der Druck wurde stark gesteigert und das Pferd fing an sich zu wehren …

Petras Erklärung

Die 4 möglichen Reaktionen (erster instinktiver Impuls) auf Stress sind die „4 Fs“:

  1. Freeze/Erstarren. Hier ist ein körperliches Reagieren nicht mehr möglich. Selbst das Denken ist blockiert.
  2. Flight/Flucht. Weglaufen. Sich der Situation entziehen.
  3. Fight/Kampf. Sich wehren. Angreifen.
  4. Flirt/Alternativverhalten anbieten und sich aus der Situation heraus flirten.

Diese Stressreaktionen werden absolut wertfrei betrachtet. Nichts davon ist richtig oder falsch. Zu dem Thema gibt es wunderbare Bücher von Marlitt Wendt.

Diese möglichen Reaktionen sind bei allen Lebewesen gleich. Das heißt, ob ein Mensch, ein Pferd, ein Hund oder ein anderes Lebewesen Stress erlebt, es ist immer – je nach Typ – eine dieser Reaktionen, die gezeigt werden.

Unser Kurspferd bevorzugte es, den Kampf zu wählen

Unser selbstbewusster Andalusier war bereit, bei Stress, den er nicht ertragen konnte, in den Kampf zu gehen. Die Besitzerin war mehr der Typ, der bei Stress erstarrt oder sich aus der Situation heraus flirtet und Kompromisse findet. Sie würde unter normalen Umständen nie einen Kampf beginnen. Wenn man diesen doch provoziert, so muss man sich sehr sicher sein, ihn auch gewinnen zu können. Ist man nicht in der Lage dem Tier selbstbewusst die Stirn zu bieten, so kann die Situation schnell sehr gefährlich werden.

Der bisherige Umgang miteinander war es, kleine Kompromisse zu finden und darüber zu lachen.
An Rangordnungen wurde nicht gedacht und das Miteinander war so, dass es keine Notwendigkeit gab, daran etwas zu ändern. Von außen betrachtet, ein rundum harmonisches Mensch-Pferd-Paar.

Nach dem ersten Kursbesuch der Besitzerin änderte sich alles. Die Besitzerin versuchte sich dem Pferd gegenüber dominant zu zeigen, die Leichtigkeit war verschwunden und kleine Dinge, über die vorher gelacht wurden, wurden auf die Goldwaage gelegt und es wurde versucht, sich durchzusetzen. 

Pferde spüren allerdings sehr genau, was in uns vorgeht. Nachdem der Trainer am Wochenende nicht mehr unterstützend eingreifen konnte, erkannte das Pferd genau, dass es sich bei seiner Besitzerin
um einen Menschen handelt, der innerlich gar nicht bereit ist, in den Kampf zu gehen. Er selbst war aber der Typ, der im Zweifel mit Angriffen reagiert.

Nachdem wir eine spontane Theorieeinheit in der Mittagspause für alle Teilnehmer*innen machten und jede*r versuchte, sich und sein Pferd einzuschätzen, kamen sehr spannende Gespräche zustande.

Die Harmonie kam zurück, nachdem der Druck genommen wurde

Für die Besitzerin des Andalusiers fanden wir Möglichkeiten über Kleinschrittigkeit, ruhige Konsequenz und viel Lob das Miteinander neu aufzubauen. Nach unserem Kurswochenende ging der
Hübsche sehr gut an der Longe und das Miteinander hatte sich deutlich verändert.

So ging es weiter

Zwei Monate später bekam ich eine Mail der Besitzerin. Die zwei waren wieder im Gelände unterwegs und das Zusammensein mit ihrem Pferd war wieder – laut ihrer Aussage – richtig toll.

Ist es nicht spannend für jede*n, darüber nachzudenken, welcher Stresstyp man ist? Wie die eigenen Pferde einzuordnen sind? Und sollte man in Trainingssituationen wirklich so weit gehen, dass ein Pferd großen Stress empfindet und dementsprechend reagiert?

Ist es notwendig, zu kämpfen, wenn es doch so viele schöne, harmonische Wege gibt?

Deine Petra

Du interessierst dich für die Arbeit nach dem Longenkurs? Dann ist mein Online-Seminar „Theorievortrag zum Longenkurs“ genau das richtige für dich! Hier kannst du einen Blick in mein Online-Seminar werfen.

Aktuelle Termine

Hier findest du verschiedene Online Seminare rund um die Arbeit nach dem Longenkurs
und um pferdefreundlichen Umgang und Training mit Pferden!

Meine kommenden Online Live Seminare

Grundsätzlich gibt es keine vorgeschriebene Reihenfolge und du kannst dich in jedes Online Seminar einbuchen.

Wenn du allerdings noch keinen Praxiskurs bei mir besucht hast oder meinen 2008 erstmal erschienenen Selbstlernkurs von Wege zum Pferd noch nicht kennst, dann empfehle ich dir mit dem "nicht trockenen" Theorievortrag zum Longenkurs zu starten. Dieser findet live alle 2-3 Monate mit mir statt.

Alle anderen Online Seminare finden nur alle 4-6 Monate live mit mir statt.

Meine Longenkurs Angebote zum Sparen und sofort durchstarten

Du möchtest dich intensiv mit dem Longenkurs befassen und von mir zusätzlich persönliches Feedback erhalten? Dann empfehle ich dir eines meiner Seminarpakete. Du kannst dir die Seminarinhalte sofort ansehen und gleichzeitig beim nächsten live Termin kostenlos dabei sein.

Ziele des Longenkurses:

  • ein Pferd biomechanisch korrekt & effektiv longieren
  • mit konkreten Übungen die Muskulatur eines Pferdes aufzubauen
  • dem Pferd helfen, eine gute Balance und Selbsthaltung zu finden
  • ein Pferd optimal auf die Aufgabe, einen Reiter zu tragen, vorzubereiten
  • ein Pferd bis ins hohe Alter fit zu halten und es abwechslungsreich mit Spaß zu gymnastizieren

Seitdem ich die Pferde, die zu mir zur Ausbildung kommen, in dieser Art und Weise trainiere, gehen sie von Beginn an deutlich losgelassener in ihren ersten Einheiten als Reitpferd.

Von führenden Fachzeitschriften und Experten empfohlen:

Expertenstimmen zum Longenkurs

Das könnte dir auch gefallen!

Die Ausbildung von Riado – der vierte Monat

Die Ausbildung von Riado – der vierte Monat

Riado ist jetzt seit vier Monaten bei Maren O`Sullivan. Wir waren auch im letzten Monat wieder fleißig 🙂 Eine Zusammenfassung unserer vierten vier Wochen kannst du in diesem Film anschauen ...
Die Ausbildung von Riado – der dritte Monat

Die Ausbildung von Riado – der dritte Monat

Riado ist jetzt seit zwölf Wochen bei Maren O`Sullivan. Dieser Monat stand unter dem Motto "erschwerte Bedingungen"!Großbaustelle, Urlaub und unglaublich viel RegenAlso, eine ruhige, ...
Die Ausbildung von Riado – der zweite Monat

Die Ausbildung von Riado – der zweite Monat

Riado ist jetzt seit acht Wochen bei Maren O`Sullivan. Wir arbeiten Riado regelmäßig, meistens gemeinsam, aber es kommt auch vor das einer von uns alleine etwas mit der Hübschen unternimmt.Von ...

Bleiben wir in Kontakt?

Möchtest du auf dem Laufenden bleiben und über meine Kurstermine, neuen Angebote, Riado´s Ausbildung & Rabatte informiert werden?

Dann trage bitte einfach deine Email-Adresse ein und klicke auf den Anmelde-Button. Mit der Anmeldung erklärst du dich damit einverstanden, dass ich dir eine Mail mit einem Link senden darf, den du anklicken musst, damit sicher gestellt ist, dass es sich um deine Email-Adresse handelt. Erst dann erhältst du meinen Newsletter (jederzeit kündbar).