Longieren ist mein Steckenpferd und da ich in meinem Longenkurs das Longieren am Kappzaum vorstelle, steht auf der Hitliste der häufigsten Fragen an mich ganz oben diese: „Worauf gilt es bei einem Kappzaum zu achten?“ In diesem Beitrag möchte ich auf diese Frage ausführlich eingehen.

Warum überhaupt ein Kappzaum?

Mit einem gut passenden und korrekt verschnallten Kappzaum bist du in der Lage, beim Longieren den Kopf des Pferdes punktgenau zu positionieren und zu steuern und das sogar, nach entsprechender Vorbereitung, auf großer Distanz zum Pferd.

Pepe Biegung

Über die Einwirkung eines Kappzaums kannst du die für die gesunderhaltende Arbeit so entscheidend wichtige Genickstellung erzielen. Über die Genickstellung und die Positionierung des Kopfes kannst du gezielt an der Längsbiegung des Pferdes arbeiten.

„Erklärung“ der korrekten Genickstellung

Das ist mit anderen gebisslosen Kopfstücken (z.B. einem Halfter) meiner Erfahrung nach nicht so effektiv möglich. Der Kappzaum bietet den großen Vorteil, dass du dein Pferd hochwertig gymnastizierend ausbilden und arbeiten kannst und dabei das Pferdemaul schonst. Egal, was ich meinen Pferden beibringe: Ich arbeite immer zunächst ohne Gebiss und wähle erst später, wenn überhaupt, ein Kopfstück mit Gebiss. Für mich gehört ein Kappzaum in die Grundausstattung eines jeden Pferdebesitzers, allerdings nur wenn es ein Modell ist, welches pferdefreundlich ist und dem Pferd keinerlei Schmerzen zufügt, was leider bei vielen scharfen Modellen der Fall ist.

Zur Auswahl eines Kappzaums

Generell gilt bei einem Kappzaum das, was ebenso für jedes andere Ausbildungsstück gelten sollte: Er muss eine präzise Arbeit ermöglichen, dem Pferd gut passen und er sollte pferdefreundlich sein.

Kappzäume finden Verwendung bei:

  • der Longenarbeit
  • Doppellongenarbeit
  • der klassischen Handarbeit
  • bei der Arbeit am langen Zügel
  • und beim Reiten.

Es gibt Kappzäume in verschiedensten Ausführungen:

  • stabile Kappzäume mit eisernen Nasenteilen
  • leichte Kappzäume ohne Eiseneinlage
  • das Caveçon und
  • die Serreta

Hier stelle ich dir den Kappzaum vor, der bei meinen Schüler*innen – zu Unrecht! – am häufigsten skeptische Blicke auslöst.

Der stabile Kappzaum mit Eisen

 

Zugegeben, dieser Kappzaum sieht schon ein bisschen aus wie ein Marterinstrument. Er ist auch relativ  schwer, was vielen Pferdebesitzer*innen Sorgen macht. In meinen Augen ist dieses Modell aber tatsächlich die pferdefreundlichste Kappzaumvariante und damit das Modell, welches ich grundsätzlich zum Longieren empfehle, insbesondere wenn sie nach meinem Longenkurs arbeiten (ich habe das oben im Foto gezeigte Modell selbst entwickelt, mehr Infos hier).  Andere Modelle, wie z.B. das Caveçon, eignen sich für diese Arbeit nicht, da sie unpräzise und zu scharf sind. Ausführlich gehe ich darauf diesem Blogbeitrag ein.

Ein Kappzaum mit Eisen verfügt in der Regel über ein Eisen ohne Gelenk, besteht also aus einem gebogenen Eisen am Stück, oder aus zwei oder drei massiven Eisenteilen, die über Gelenke miteinander verbunden sind.

Entscheidend ist, dass das Eisen bei jeder Variante weich und dick unterpolstert sein sollte. Das dicke und weiche Polster trägt dafür Sorge, dass das Eisen dem Pferd keine Schmerzen bereitet und dein Pferd immer noch gut kauen und lecken kann.

Teste, was du deinem Pferd auf die Nase legst!

Alles was ich meinen Pferden auf die Nase lege, muss bei mir immer erst den „Schienbeintest“ überstehen. Dazu lege ich mir das Nasenstück auf mein Schienbein, halte es stramm auf meinen Knochen und drücke und ruckel so doll ich kann (was ich so doll natürlich niemals mit meinem Pferd machen würde!) Nur wenn mir das nicht wehtut, nutze ich das Nasenstück für meine Arbeit mit dem Pferd.

In diesem Video erkläre ich ausführlich die Vorteile von einem Kappzaum mit Naseneisen (Link führt zu Youtube).

Der Unterschied zwischen zwei und drei Gelenken im Eisen

Bei den Eisen ohne Gelenke ist die genaue Passform des Eisens zur Nase des Pferdes sehr wichtig, denn: Eisen gibt nicht nach! Ist das Eisen an einer beliebigen Stelle zu eng, werden dem Pferd starke Schmerzen zugefügt, die sogar den Knochen schädigen können. Meistens passen diese Kappzäume dann nur einem  einzigen Pferd und sind nicht gleichzeitig auf unterschiedlichen Pferdenasen zu benutzen.

Mehr Flexibilität hat man in der Regel mit Naseneisen, die Gelenke haben.

Je nach Modell haben die Kappzäume mit Gelenk entweder zwei oder drei Gelenke zwischen den Eisenteilen. Ich empfehle die Modelle mit zwei Gelenken, da die Modelle mit drei Gelenken zwei entscheidende Nachteile haben:

  • Die Modelle, bei denen das Naseneisen drei Gelenke hat, sind instabiler und verrutschen leichter. Deswegen muss man bei diesen das Nasenstück sehr fest verschnallen, um ein Verrutschen auf der Nase zu verhindern, was dann für das Pferd unangenehm ist und das erwünschte Kauen und Lecken des Pferdes erschwert.
  • Außerdem bilden diese Eisen häufig ein Dreieck auf der Nase und Druckspitzen seitlich am Nasenknochen. Es entsteht der so genannte „Nussknackereffekt“.

In diesem Foto habe ich schematisch eingezeichnet, wie oftmals ein Eisen mit drei Gelenken am Kopf anliegt:

  1. zeigt die typische Raute, in dessen Form die Eisenteile am Kopf verlaufen mit dem Dreieck, welches sich häufig auf der Nase bildet (es sein denn, die zwei mittleren Eisen sind gebogen, was aber nur bei wenigen, teureren Modellen so ist).
  2. Durch das Dreieck klemmen die seitlichen Eisen an der Nase und verursachen den Nussknackereffekt.
  3. An der Seite bilden sich Löcher, wo das Eisen nicht gleichmäßig an der Nase anliegt.

Diese Gefahr des Nussknackereffekts besteht bei Modellen mit zwei Gelenken nicht so stark, da das Eisen über der Nase gebogen ist. Auch hier bildet sich zwar bei manchen Nasen ein Loch zwischen Eisen und Nase auf Höhe des mittleren Ringes, was sich daraus ergibt, dass ja die meisten Pferdenasen oben abgeflacht sind, aber der gebogene Verlauf des mittleren Eisenteils verhindert die Druckspitzen. Und bei dieser Variante liegen die Seitenteile meistens viel schöner an der Nase an.

Hier siehst du die wesentlichen Punkte in dem Foto eingezeichnet. Die Seitenteile sollen möglichst schön gleichmäßig anliegen, auf dem Foto sind das die blauen Linien. Die roten Pfeile zeigen auf die Stellen, wo am häufigsten Druckspitzen entstehen. Bitte fühle hier gut hin, ob es sich zu eng anfühlt.

Zum Vergleich: Stellen dir vor, du möchtest dem Rücken deines Pferdes einen Sattel anpassen. Wo soll der Sattel aufliegen, und wo darf er nicht klemmen? Der Widerrist soll frei bleiben und darf nirgends eine Druckspitze haben, während wir uns eine möglichst große Auflagefläche seitlich rechts und links hinter der Schulter wünschen, richtig? Und so stelle ich mir das bei der Anpassung des Eisens zur Nase auch vor.

Sollte das Eisen nicht ideal passen, kann man bei manchen Kappzaummodellen das Eisen von einem Schmied verändern lassen. Bei den günstigen Modellen funktioniert es meistens nicht, da das Material schnell bricht. 

So passt du den Kappzaum an

Ziehe deinem Pferd den Kappzaum über und stelle zuerst die korrekte Höhe des Kappzaumes ein. Der Kappzaum soll so hoch sitzen, dass das Nasenteil, je nach Kopfgröße des Pferde ca. 1-3 Finger unterhalb des Jochbeinknochens sitzt, im Foto unten ist das die Strecke A in grün. Dabei sollen aber noch immer ca. 4 Finger Abstand vom Naseneisen bis zum oberen Rand der Nüstern Platz sein, im Foto die blaue Strecke B.

Schnallst du den Kappzaum zu tief, drückt das Nasenteil auf den weichen Nasenknorpel. Dort ist die Pferdenase viel empfindlicher und du läufst Gefahr, dem Pferd die Atmung zu erschweren. Hier sitzt der Kappzaum deutlich zu tief, wie hier auf dem Foto links zu sehen.

 

 

 

Sitzt der Kappzaum zu hoch, sitzt er zu nah an den Jochbeinen und drückt oftmals auf den Punkten, wo die Gesichtsnerven austreten. Dieser Kappzaum auf dem rechten Foto ist zu hoch verschnallt.

Achte immer auch darauf, dass der Kappzaum nicht an den Ohransätzen drückt. Hier liegen viele Akupunkturpunkte, die wir nicht „quetschen“ wollen, denn eine Irritation hier kann dazu führen, dass sich dein Pferd im Rücken fest macht (abgesehen von den Schmerzen, die diese harte Kante an der Ohrbasis auslösen wird).

Schließe bitte immer zuerst den Ganaschenriemen, dann erst den Nasenriemen. Dadurch verhinderst du, dass zu großer Druck im Genick entsteht was passieren kann, wenn du erst den Nasenriemen zuziehst. Der Ganaschenriemen ist sehr wichtig denn er verhindert, dass die Backenstücken in die Augen rutschen können. Damit er das wirklich verhindert, muss er fest genug angezogen werden. Überprüfe beim fertig angezogenen Kappzaum immer noch einmal, ob du den Kappzaum verrutschen kannst. Wenn das Backenstück ins Auge rutschen kann, riskierst du im schlimmsten Fall die Gesundheit des Auges deines Pferdes und es dürfte deinem Pferd mit Sicherheit sehr unangenehm sein, wenn die Backenstücke bei der Arbeit zu nah ans Auge kommen. Bedenke bitte, dass du beim Longieren nicht sehen kannst, ob das äußere Backenstück ins Auge rutscht – sei hier also besonders sorgsam bei der Anpassung und kontrolliere lieber einmal mehr. Auf diesem Foto siehst du, wie die Backenstücke ans Auge rutschen können:

backenstueckauge1.jpg

Nachdem du den Ganaschenriemen geschlossen haben, schließe den Nasenriemen. Der Nasenriemen muss so fest angezogen werden, dass er bei einer Einwirkung nicht leicht verrutscht. Wenn der Kappzaum zu lose verschnallt wird oder nicht optimal passt, bleibt der mittlere Ring, in dem die Longe eingehakt wirkt, bei Einwirkung nicht mittig der Nase sitzen, wie hier zu sehen:

seitlichverrutscht2.jpgDamit geht die wichtigste Einwirkungsmöglichkeit die der Kappzaum bietet, nämlich die gezielte Positionierung des Kopfes und die korrekte Herstellung der Stellung, verloren und die einwirkenden Kräfte wirken seitlich verziehend auf das Genick des Pferdes ein. Diese fehlerhafte Einwirkung führt häufig zu Verspannungen im Genick – das leider so oft zu sehende Verwerfen von Pferden hat hier oftmals seine Ursache.

kraftpfeile.jpg

 

 

Hier nochmal eine Zusammenfassung, worauf es zu achten gilt:

 

 

1. Das Genick des Pferdes ist sehr empfindlich. Deshalb sollte der Genickriemen nicht zu dünn sein und er darf nicht einschneiden. Wichtig ist, dass die Riemenkante, die an der Ohrbasis anliegt, weich abgepolstert ist.

2. Der Backenriemen darf nicht zu nah am Auge verlaufen, damit auch bei einem Verrutschen nichts ins Auge geht. Um das wirkungsvoll zu verhindern, sollte der Kappzaum unbedingt einen Ganaschenriemen haben.

3. Das Nasenstück soll seitlich gut anliegen, also ohne große Lücken und Druckstellen (sie sind immer ein Zeichen für eine schlechte Passform des Naseneisens). Wichtig ist eine weiche Polsterung.

4. Die Schnalle, die das Nasenstück verschließt, liegt auf dem Unterkieferknochen. Diese Schnalle sollte unterpolstert sein, um keine Schmerzen zu verursachen.

5. Der Abstand vom Nasenstück bis zur Nüster sollte mindestens eine Handbreite betragen. Je tiefer das Nasenstück sitzt, desto mehr wirkt das Nasenstück auf den immer empfindlicheren weichen Anteil der Nase. Außerdem können Pferde mit zu tiefem Nasenstück ihre Nüstern nicht mehr weiten, was ihre Atmung beeinträchtigt.

 

Für alle, die sich für die Druckverteilung des Nasenstückes interessieren, ist hier ein interessanter Artikel aus der Cavallo, die 2010 bei mir auf dem Hof war und mit der ich gemeinsam eine Druckmessung mit verschiedenen Kappzäumen durchgeführt hatte. Dabei ergab sich genau das, was ich auch so empfinde: die breiten Modelle mit Eisen sind die sanfteren. Leider gab es den von mir entwickelten Kappzaum damals noch nicht, aber ich bin mir sicher, er hätte mit Abstand am besten abgeschnitten. 🙂

Hier geht es zu dem Modell, welches ich empfehle.

Ursprünglich erschienen auf Wege zum Pferd

Aktuelle Termine

Hier findest du verschiedene Online Seminare rund um die Arbeit nach dem Longenkurs
und um pferdefreundlichen Umgang und Training mit Pferden!

Meine kommenden Online Live Seminare

Grundsätzlich gibt es keine vorgeschriebene Reihenfolge und du kannst dich in jedes Online Seminar einbuchen.

Wenn du allerdings noch keinen Praxiskurs bei mir besucht hast oder meinen 2008 erstmal erschienenen Selbstlernkurs von Wege zum Pferd noch nicht kennst, dann empfehle ich dir mit dem "nicht trockenen" Theorievortrag zum Longenkurs zu starten. Dieser findet live alle 2-3 Monate mit mir statt.

Alle anderen Online Seminare finden nur alle 4-6 Monate live mit mir statt.

Meine Longenkurs Angebote zum Sparen und sofort durchstarten

Du möchtest dich intensiv mit dem Longenkurs befassen und von mir zusätzlich persönliches Feedback erhalten? Dann empfehle ich dir eines meiner Seminarpakete. Du kannst dir die Seminarinhalte sofort ansehen und gleichzeitig beim nächsten live Termin kostenlos dabei sein.

Ziele des Longenkurses:

  • ein Pferd biomechanisch korrekt & effektiv longieren
  • mit konkreten Übungen die Muskulatur eines Pferdes aufzubauen
  • dem Pferd helfen, eine gute Balance und Selbsthaltung zu finden
  • ein Pferd optimal auf die Aufgabe, einen Reiter zu tragen, vorzubereiten
  • ein Pferd bis ins hohe Alter fit zu halten und es abwechslungsreich mit Spaß zu gymnastizieren

Seitdem ich die Pferde, die zu mir zur Ausbildung kommen, in dieser Art und Weise trainiere, gehen sie von Beginn an deutlich losgelassener in ihren ersten Einheiten als Reitpferd.

Von führenden Fachzeitschriften und Experten empfohlen:

Expertenstimmen zum Longenkurs

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